Moderne Führung in Zeiten der Disruption

Pandemie, Inflation, Künstliche Intelligenz und eine sich permanent wandelnde Arbeitswelt – Disruptionen scheinen keine Ausnahme mehr zu sein, sondern Dauerzustand.

Aber wie sollen wir mit der digitalen Disruption umgehen? Wie viel Anpassungsfähigkeit kann man Arbeitskräften abverlangen? Worauf läuft all dieser Wandel hinaus?

Diese Fragen treiben viele von uns um. Allen voran müssen Führungskräfte in Unternehmen eine Haltung entwickeln und kommunizieren, welche ihnen selbst und Ihren Mitarbeiter:innen sowohl Handlungsfähigkeit als auch psychische Gesundheit garantieren kann.

Wie so eine Haltung aussehen kann, welche Skills moderne Führung erfordert und welche Chancen sich hinter anhaltenden Disruptionen verbergen, besprechen wir in diesem Blogbeitrag.

1. Moderne Führung in ungewissen Zeiten

Bereits vor der Pandemie waren viele Mitarbeitende und Führungskräfte von den anhaltenden Reorganisationen und immer neuen technologischen Rahmenbedingungen müde. Die Unsicherheiten der Pandemie hatten dazu geführt, dass die Kapazitäten der Angestellten, den Wandel mitzugehen, nur noch 50% des vorpandemischen Levels betrug (Gartner).

Statt einer Phase der Entspannung folgten auf die Pandemie jedoch wirtschaftliche Unsicherheiten, welche nun wiederum scheinbar von Disruptionen durch Künstliche Intelligenz übertroffen werden.

Dass Führungskräfte in diesen ungewissen Zeiten den permanenten Wandel moderieren müssen, stellt eine echte Herausforderung dar. Gleichzeitig lässt sich aber festhalten, dass eine moderne Führung dieser Aufgabe gerecht werden kann.

Zu einem modernen Führungsstil gehört beispielsweise, neue Anforderungen nicht einfach Top-down zu verordnen. Wer die eigenen Mitarbeiter:innen bei Veränderungen wirklich mitnehmen möchte, sollte auf ihre individuellen Erwartungen, Wünsche und Fähigkeiten eingehen.

Moderne Führung sollte Räume für Mitarbeiter:innen schaffen, innerhalb welcher diese mit einem Mindestmaß an Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortung agieren können. Dass dieser Ansatz des modernen Führungsstils nachweislich erfolgreicher als eine reine Top-down Verordnung ist, zeigen aktuelle Beispiele:


2. Strategien des Change Managements

Rowland, Thorley und Brauckmann geben im Harvard Business Review Einblick, wie großangelegte, langfristige und komplexe Veränderungsprozesse in Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden können.

Dort stellen sie fest, dass Führungskräfte beim Change Management zu häufig auf das Was (z.B. eine neue Strategie) fokussiert sind, statt auf das Wie (also wie genau diese Strategie intern implementiert werden soll).

Die Autoren unterscheiden dabei vier Modelle zum Umgang mit der digitalen Disruption, von denen sich zwei immer wieder als problematisch herausgestellt haben:

  • Direktive Veränderungsprozesse: Die Führungsebene definiert sehr genau das Was und das Wie der Veränderung und führt strenge Kontrollen bei der Umsetzung durch. Kommunikation findet einseitig statt.
  • Veränderung durch Selbstorganisation: Während die Führungsebene die Richtung der Veränderung zentral vorgibt, bleibt die Umsetzung und der Einsatz von entsprechenden Mitteln gänzlich den lokalen Standorten überlassen. Dabei wird nach dem Motto vorgegangen: „Alles mal probieren und schauen, was hängen bleibt.“

Diese beiden Führungsstile haben sich in der Realität als wenig erfolgreich herausgestellt. Die Autoren halten dazu fest:

„Direktive und selbstorganisierende Veränderungen sind am häufigsten in Geschichten mit geringem Erfolg bei komplexen Veränderungen zu finden, wobei die Selbstorganisation immer negativ mit den Veränderungsergebnissen korreliert. Solche simplen Ansätze sind zwar in unserer Forschung am weitesten verbreitet, werden aber in der dynamischen, vernetzten Welt von heute nicht mehr ausreichen.“

Erfolgsversprechender sind daher Ansätze, bei denen den Mitarbeiter:innen größere Freiheiten in der Umsetzung oder gar der Mitgestaltung von Veränderungen eingeräumt wird:

  • „Masterful Change“: Die Richtung der Veränderung wird durch die Führungsebene vorgegeben. Gleichzeitig wird viel Zeit investiert, diese Veränderungen zu kommunizieren und zusammen mit den Mitarbeiter:innen zu verfeinern. Den Mitarbeiter:innen werden Freiheiten bei der Umsetzung eingeräumt, für welche ihnen unterstützende Rahmenbedingungen geschaffen werden.
  • Emergenter Wandel: Die Richtung der Veränderung wird hier nur lose durch die Führungsebene vorgegeben. Stattdessen fokussiert sich die Führung auf Kernelemente und erlaubt selbständige Experimente der Mitarbeiter:innen kombiniert mit schnellen Feedbackschleifen und anhaltender Beobachtung und Unterstützung.

Während sich diese beiden Ansätze hinsichtlich der genauen Vorgaben der Ziele durch die Führungsebene unterscheiden, verbindet sie ein hohes Maß an Kommunikation, Kooperation und Vertrauen.

3. Moderne Führung, digitale Disruption und Künstliche Intelligenz

Während die Lehren aus diesen unterschiedlichen Ansätzen generell wichtig für moderne Führungskräfte sind, könnte ihnen im Hinblick auf anstehende Disruptionen im Kontext von KI eine beispiellose Relevanz zukommen.

Einerseits werden KI-Technologien zu weitflächigen Veränderungen führen, welche quer durch das Unternehmen implementiert werden müssen. Dabei braucht es ein Change Management, das der Größe und Komplexität dieser Aufgabe gewachsen ist.

Andererseits beschleunigt Künstliche Intelligenz einen ohnehin schon bestehenden Trend in der Arbeitswelt, in welchem Menschen sich mehr Sinnhaftigkeit von ihrer Arbeit erwarten. Teil dieser Dynamik ist ein Abbau rein administrativer, ausführender Aufgaben, welcher durch KI rapide beschleunigt werden könnte.

In der Konsequenz werden mehr Kapazitäten für strategische und zwischenmenschliche Aufgaben frei. Das gilt für Mitarbeiter:innen aber auch für Führungskräfte, welche laut einer Umfrage 54% ihrer Zeit für administrative Aufgaben verwenden.

Vor diesem Hintergrund kommt emotionalen, sozialen, kommunikativen und strategischen Fähigkeiten ein neuer Stellenwert zu – Fähigkeiten, die in der modernen Führung nicht mehr wegzudenken sind.


4. Implikationen für HR

HRler:innen haben naturgemäß einen guten Überblick über die interne Struktur ihrer Unternehmen und daher auch den darin stattfindenden Veränderungsprozessen. Vor allem kennen sie die unterschiedlichen Mitarbeiter:innen und haben ein Gespür für deren aktuelle Bedürfnisse und Probleme.

HR sollte also ein unmittelbarer Ansprechpartner für die Führungsetage sein, wenn es darum geht, im Zuge der digitalen Disruption großflächige Veränderungsprozesse in Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen zu etablieren.

Teil dieser Prozesse ist es – wie aus den Fallstudien oben klar wurde – Kommunikationsstrukturen und Feedbackschleifen aufzubauen, die so wichtig für erfolgreiches Change Management sind. Zu Veränderungsprozessen gehört aber auch, die Mitarbeiterbelastung- und Zufriedenheit zu monitoren und ggf. Maßnahmen zu ergreifen.

Im Zeitalter anhaltender Disruptionen wird Human Resources also auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen.

5. HR Consulting rund um organisationale Veränderungen

In deinem Unternehmen stehen organisationale oder technologische Veränderungsprozesse an? Dann kann ein Blick von außen wertvolle Erkenntnisse dazu beitragen, wie diese Prozesse mit Hilfe eines modernen Führungsstils strukturiert und umgesetzt werden sollten.